Elektronische Patientenakte: Ein Kommentar zur Sitzung des Petitionsausschusses anlässlich der Einführung des Opt-Out-Verfahrens

Der Petitionsausschuss des Bundestages hat über das geplante Vorhaben der Ampelregierung diskutiert, die elektronische Patientenakte (ePA) von einem Opt-In-Verfahren zu einem Opt-Out-Verfahren umzustellen. Die Petition einer Allgemeinmedizinerin fordert, die Opt-In-Lösung beizubehalten. Warum die Petition wichtig ist, erklärt dieser Beitrag.

Nach Auffassung der Hausärztin stellt die geplante Opt-out-Lösung einen Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Befürchtungen bestehen hinsichtlich der zentralen Speicherung von Gesundheitsdaten und möglichen Missbrauchs. Befürworter argumentieren, dass die zentrale Speicherung nötig ist, um Daten zusammenzuführen und für Ärzte und Forschung nutzbar zu machen. Der Gesetzentwurf zur Opt-Out-Lösung soll voraussichtlich im November in den Bundestag eingebracht werden.

Es ist wichtig, Einwände an privilegierter Stelle und nah am Gesetzgebungsverfahren zu hören

In der Debatte um die elektronische Patientenakte (ePA) und Telematikinfrastruktur (TI) spiegeln sich die vielschichtigen Herausforderungen wider, die das Gesundheitswesen in einer digitalisierten Welt konfrontiert. Die Stimme der TI-verweigernden Hausärztin, die Allergiehinweise lieber im Portemonnaie des Patienten als in einer digitalen Akte sieht, ist ein interessanter Kontrapunkt in einer Diskussion, die oft von technologischem Optimismus geprägt ist. Ihre Position mag für manche altmodisch erscheinen, doch sie erinnert uns daran, dass Technologie nicht immer die sicherste oder effektivste Lösung für komplexe menschliche Angelegenheiten wie die Gesundheitsversorgung ist.

Die Einbeziehung solcher Stimmen in den legislativen Prozess ist nicht nur demokratisch, sondern auch epistemologisch sinnvoll.

Nur so wird eine breitere Diskussion ermöglicht und das stellt sicher, dass verschiedene Perspektiven Gehör finden. Das ist entscheidend, denn wie der Fallibilismus uns lehrt, können heutige Entscheidungen morgen als falsch erkannt werden. Daher ist es von Bedeutung, dass wir als Gesellschaft die Gründe abwägen, die für oder gegen bestimmte Technologien und Praktiken sprechen.

Das Konzept des Opt-in für die ePA erfordert in der Tat ein hohes Maß an Kooperationsbereitschaft unter allen Gesundheitsakteuren, insbesondere dem Patienten. Die Frage der informationellen Selbstbestimmung bleibt jedoch komplex und dient nicht als Totschlagargument. In einer Welt, in der heute schon Gesundheitsdaten über Jahrzehnte und über verschiedene Einrichtungen verstreut sind, ist die Vorstellung von vollständiger Kontrolle über die eigenen Daten mehr Illusion als Realität. Das bedeutet nicht, dass wir uns im Zuge der Harmonisierung der Beweglichkeit und Verfügbarkeit von Gesundheitsdaten nicht darum kümmern sollten.

Um Argumente muss gerungen werden

Die Kritik am Opt-out orientiert sich erst auf den zweiten Blick als Sanktionsvorwurf derjenigen, die sich professionell mit der ePA auseinandersetzen. Der plumpe Vorwurf, es fehle Ärztinnen und Ärzte, die in der ePA keinen Vorteil für Ihre Arbeit erkennen wollen, an digitaler Kompetenz hat sich überlebt. Die Debatte wird eher häufiger von ideologischen als von pragmatischen Erwägungen geleitet. Stellvertreterkriege, die auf schwachen Argumenten basieren, helfen deshalb niemandem und lenken nur von den eigentlichen Herausforderungen ab.

In diesem Kontext bleibt die zentrale Frage: Was benötigen wir als Gesellschaft, um Gesundheit gelingen zu lassen? Die Antwort darauf wird nicht einfach sein und mutmaßlich nie beantwortet werden können. Sie bleibt trotzdem wichtig und sollte von einer breiten und inklusiven Diskussion profitieren, die auch abweichende Meinungen berücksichtigt.

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