»Workation« ist ein Kofferwort aus »Work« und »Vacation« und beschreibt die Kombination von Arbeit und Urlaub. Der Begriff entstand in den USA und wird durch die Vorzüge, dass manche von uns ein mobiles Büro ständig bei sich tragen und das gestiegene Bewusstsein für Work-Life-Balance immer beliebter. Eine Workation erfordert jedoch eine gute Planung, insbesondere hinsichtlich der Internet- und Mobilfunkanbindung sowie der Arbeitsbedingungen vor Ort. Akteure des Gesundheitsgeschehens scheinen aufgrund der unmittelbaren Systemzwänge von diesem Trend ausgeschlossen. Womöglich ändert sich das aber schon.
Workations sind an vielen Reisezielen möglich und die Tourismusbranche entdeckt sie als neues Standbein. Faktoren wie Unterkunstpreise, Internet-Anbindung und Co-Working-Spaces sind wichtig, um eine attraktive Workation-Region zu schaffen. Lissabon und Porto sind laut einer Untersuchung von Home2Go die besten Städte für Workation in Europa, gefolgt von Barcelona.
Eine Workation in einem südlicheren oder westlicheren Land kann verlockend sein, aber zu große Zeitunterschiede können hinderlich sein. Der größte Vorteil ist die Verbindung von Arbeit und Freizeit, aber manche können Schwierigkeiten haben, sich abzugrenzen oder sich auf die Arbeit zu konzentrieren.
Für Selbstständige ist eine Workation aufgrund von Steuer-, Versicherungs- und IT-Aspekten einfacher als für Angestellte. Es kann jedoch ein attraktiver Nebenleistungsanspruch für Unternehmen sein, die sich als attraktive Arbeitgeber positionieren möchten. Eine ergebnisorientierte Unternehmenskultur ist für den Erfolg erforderlich, anstatt sich auf Anwesenheit und Kontrolle zu konzentrieren. Eine Workation kann die Kreativität und Motivation beider Parteien erhöhen, wenn im Voraus vereinbarte Ziele festgelegt werden.
Als Texterin in Kroatien stationiert
Eine enge Freundin ist Texterin und PR-Beraterin. Constanze Wolff verbrachte letzten Herbst einen Monat auf der Insel Brac in Kroatien, um zu arbeiten. Aktuell dient Ihr Beispiel dem Karrieremagazin der OÖ-Nachrichten, den Trend aufzugreifen. Sie empfiehlt Workation besonders für Selbstständige, da es einfacher sei, die formalen Themen zu lösen und Selbstdisziplin ohnehin notwendig sei.
Constanze Wolff hat für ihre Workation auf der Insel Brac vorgesorgt und sich gut vorbereitet. Sie hat eine Unterkunft mit schnellem Internet gebucht und sich mit doppelter Headset-Ausstattung, Verlängerungskabel und externer Festplatte ausgestattet. Dabei ging es um die vorausschauende Planung, was auf einer Insel nicht kurzfristig besorgt werden kann. Auch ihre Freizeitaktivitäten hat sie gut vorausgeplant und sich Verabredungen mit Einheimischen ermöglicht. Wichtig ist es, Zeit zum Ankommen zu geben und eine Tagesstruktur aufzubauen. Wir alle haben das Gefühl verinnerlicht, dass Sommer, Sonne und Strand etwas mit Urlaub zu tun haben muss. Entsprechend schwierig ist es, sich den Alltag vorzustellen und tatsächlich auch umzusetzen. Dabei ist man umgeben von arbeitender Bevölkerung, die häufig vor Ort aufgewachsen ist oder für längere Zeit in einer Saison zugezogen ist. Wer aber mit Laptop und Smartphone für vier Wochen anreist; für den bleibt das eine echte Herausforderung.
Konzerne erkennen die Chancen
Ein großer deutscher Software-Hersteller erlaubt flexibles Arbeiten seit Längerem und das wurde durch die Pandemie noch verstärkt. Unter dem Titel »Working abroad for personal reasons« können Mitarbeitende für eine gewisse Zeit im Ausland arbeiten, wobei rechtliche Implikationen und Unternehmensziele beachtet werden. Die »Pledge to Flex« ermöglicht eine 100 % flexible, vertrauensbasierte Arbeitskultur, die mobil und im Büro eine optimale Zusammenarbeit ermöglicht. Mehr als 90 % der Mitarbeitenden dort sind Wissensarbeiter, was ein derart flexibles Arbeitsmodell erleichtert, jedoch sind auch durchgängig digitalisierte Prozesse unerlässlich.
Workation für Gesundheitseinrichtungen?
Für Personal von Gesundheitseinrichtungen klingt Workation sicher noch nach einer sehr weit entfernten Vision. Während eine immer größer werdende Armada aus Freiberuflern experimentierfreudig bleibt, müssen Ärztinnen und Ärzte, Pflege- und Funktionskräfte trotz der neueren Entwicklungen um Videosprechstunden ihren Dienst vor Ort leisten. Zumal körperliche und seelische Versehrtheit gerade in akuten und chronischen Situationen menschliche Präsenz erfordert. Tatsächlich wird sich aber auch bei professionell am Gesundheitsgeschehen Beteiligten graduell etwas ändern. Vielleicht liegt in der Tatsache, den Ort für gelegentliche Wissensarbeit ohne Patientinnen und Patienten wählen zu können, eine Steigerung der Attraktivität von Gesundheitsberufen. Womöglich muss sogar aktiv über eine neue Form der Arbeitsteilung nachgedacht werden.
Bei Radiologen lässt sich das genau beobachten. Nicht mehr nur an Wochenenden kommt der Teleradiologie eine immer größere Bedeutung zu. Die Befundung von Röntgenbildern und auch komplexerer Bildgebung geschieht häufig schon routiniert über mehrere Einrichtungen hinweg. Datensätze spielen in der Zukunftsmedizin sicher eine herausragende Bedeutung und so ist es vorstellbar, dass sich Gesundheitsbeziehungen zwischen Patienten und Ärzten noch einmal völlig neu erfindet. Auch wenn diese Gedanken derzeit vom Alltag in einem Krankenhaus oder einer Arztpraxis noch stark abweichen, darin eine neue Routine erkennen zu wollen.
Der Trend Workation klingt wie eine Steigerung von Home-Office. Er ist da und wird bleiben. Ob wir Ärztinnen und Ärzte erleben, die tatsächlich von Kroatien aus Leistungen erbringen, bleibt fraglich. Jedoch kann sich der Charakter von Gesundheitseinrichtungen dezentral weiterentwickeln und der Zugriff auf digitale Gesundheitsdaten von anderswo wird schneller normal sein, als wir das heute noch glauben.