Was ist Kommodifizierung?

Der Begriff »Kommodifizierung« ist vom englischen Wort »commodity« (dt. Ware) ab, das vom lateinischen Wort »commodus« (dt. angemessen, zweckmäßig, bequem) kommt.

Der Begriff beschreibt den Prozess, eine Sache oder Dienstleistung, die früher nicht als Ware galt, zur Ware und damit verbundenen Gesetzmäßigkeiten zu verändern.

Kommodifizierung ersetzte im Laufe der 1970er-Jahre den von Marx eingeführten Begriff des »Zur-Ware-Werdens«. Der Begriff kennt das dazugehörige Verb kommodifizieren. Häufig wird Kommodifizierung mit Karl Polanyis in Verbindung gebracht. Tatsächlich spricht der in seiner Schrift »The Great Transformation« (1944) von Kommerzialisierung (»commercialization«), auch wenn das Werk einen Beitrag zur angesprochenen Problematik der Kommodifizierung lieferte.

Unterschiede zwischen Kommodifizierung und Kommerzialisierung

Im Vergleich zur Kommerzialisierung bezieht sich die Kommodifizierung auf den Umstand, dass bislang frei gestaltbare Güter und Dienstleistungen, aber auch Werte und ganze Lebensbereiche der Warenlogik unterworfen werden. Das lässt sich anhand der Sportvermarktung erklären.

Kommerzialisierung bedeutet, dass sportliche Wettkämpfe für Zwecke außerhalb des Sports vermarktet werden. Beispiele dafür sind Lizenzen für Fernsehübertragungen. Außerdem schaffen Investoren, die nichts mit dem Sport zu tun haben, manchmal erst den Rahmen für die sportlichen Leistungen; wenn eine Sportveranstaltung durch Sponsoring erst ermöglicht wird.

Die Kommodifizierung des Sports macht den Sportler selbst zur Ware. Startgelder für Sportler oder die Ablösesummen, wie wir sie im Fußball kennen, können zur Kommodifizierung gezählt werden. Der Mensch wird zur Ware. Nicht selten ist zu hören, dass die engen Grenzen, in denen ein Profi seine Leistung erbringt, Fußballer zu modernen Sklaven macht.

Beide Begriffe stehen im Zusammenhang mit Strategien zur Monetarisierung. Der Begriff bezieht sich auf die Umwandlung von etwas in Geld. Es beschreibt den Prozess, bei dem etwas, das nicht unbedingt einen monetären Wert hat, in eine Ware oder Dienstleistung umgewandelt wird, die gegen Geld getauscht werden kann.

Gesundheit und Kommodifizierung

Gesundheit hat einen Wert, der lange Zeit außerhalb jeder Warenlogik stand. Gesundheitsdaten, wie wir sie heute autark und souverän mithilfe von Gadgets strukturiert sammeln, fördern die Kommodifizierung. Der Pulsschlag eines Menschen wird zur Ware, wenn er mithilfe eines kommerziell erworbenen Gadgets erhoben wird. Das Nutzenversprechen liegt erst einmal nur in der Visualisierung oder engmaschigen Überwachung verschiedener Parameter, die im Rahmen der Selbstvermessung erhoben werden. Zwar kann damit immer besser auf einen individuellen Gesundheitszustand geschlossen werden; was jedoch häufig verschleiert wird, ist die Tatsache, dass man zur Interpretation solcher Gesundheitsdaten über eine ausgeprägte Gesundheitskompetenz verfügen sollte. Gesundheitsdaten, die ich dem Lieferanten eines Fitnesstracker oder einer Smartwatch anvertraue, werden häufig zu weiteren Zwecken genutzt. Das Kleingedruckte wird selten ausführlich berücksichtigt. So haben sich Smartwatches zum Statussymbol entwickelt, ohne dass sie im ersten Moment einen Wert für ihre Träger haben. Die Folgen, den Pulsschlag zur Ware zu transformieren, sind derzeit noch nicht absehbar.

Zusammenfassung

Kommerzialisierung sorgt für die Rahmenbedingungen, in denen ein Gegenstand mithilfe von Geldmitteln überhaupt erst konsumierbar wird. Kommodifizierung macht den Gegenstand selbst zur Ware und unterwirft ihn, gehandelt zu werden. Das muss – wie im Beispiel der Gesundheitsdaten nicht zwingend mit Geld zu tun haben. Gesundheitsdaten werden gelegentlich gegen einen Mehrwert oder Nutzen getauscht. Monetarisierung ist nur dann die Klammer für beides, wenn etwas zu Geld getauscht wird.

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