Wir werden wieder denken (müssen)

Wir kommen nicht zur Ruhe und die Gedanken laufen durch, wie Shorts oder Reels als medial in Szene gesetzte Wirklichkeit anderer Menschen.

Die Überfülle an Informationen und die Vielzahl an Weltanschauungen, die uns heute über das Internet zur Verfügung stehen, produzieren keine kohärente Konsensrealität (mehr), sondern eine Wirklichkeit, die vom fundamentalistischen Beharren auf simplifizierenden Narrativen, Verschwörungstheorien und postfaktischer Politik zerfressen ist.

James Bridle

Beim Lesen dieses Satzes im Buch New Dark Age von James Bridle erinnere ich mich an die Behauptung, wir hätten verlernt zu denken. Denken ist meine Prämisse für das tätige Zusammenhandeln, auf das ich nicht nur im beruflichen Kontext beharre. Damit meine ich nicht das Denken an den ersten Kaffee am Morgen oder das Schwelgen in Erinnerungen.

  • Denken, das eher Sinn ist als Tätigkeit.
  • Denken, das gar nicht erst stattfindet, weil wir von zu vielen Informationen umgeben sind, die erst einmal bewertet werden wollen, bevor wir uns den dahinterliegenden Bedeutungen zuwenden.

Und dann ist auch schon Abend und der Kopf rast. Wir kommen nicht zur Ruhe und die Gedanken laufen durch, wie Shorts oder Reels oder wie auch immer wir die medial in Szene gesetzte Wirklichkeit anderer Menschen nennen.

Die jetzt ausgehende Postmoderne hält einige Aufgaben für uns bereit. Dazu zählt auch, dass wir die Versprechungen der Aufklärung noch einmal hinterfragen. Mit Aufklärung verknüpfte sich der Gedanke, mit bislang nicht zugänglichen Informationen sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, um sich aus der selbst verschuldeten Unmündigkeit zu befreien.

Jetzt, am Ende der Zukunft, taumeln wir erneut. Ein Zurück gibt es nicht. Wir werden wieder denken müssen und dafür in Kauf nehmen, nicht alle Informationen zu haben. Informationen, die uns vom eigentlichen Akt abhalten. Wer aber hilft uns, zu sortieren, worauf es ankommt?

Ich plädiere dafür, stets eine Frage voranzustellen, die oft vergessen wird, wenn wir erinnert werden an Kants Dreiklang aus:

  • Was kann ich wissen?
  • Was soll ich tun?
  • Was darf ich hoffen?

Die vierte Frage ist etwas, an das es sich zu lohnen denkt und deshalb stelle ich sie einfach jetzt und hier als Inspiration und Kompass. Vielleicht ist die Frage eine Orientierung, die Dir dabei hilft, die Überfülle an Informationen einfach mal zu ignorieren und die Vielzahl der Weltanschauungen, die auf Dich einprasseln, unberücksichtigt zu lassen. Vielleicht hilft die Frage auch, das Plateau einer kohärenten Konsensrealität zu erreichen, wo man nicht gleich das Gefühl haben muss, einem fundamentalistischen Beharren ausgesetzt zu sein, das auf vereinfachten Erzählungen basiert.

Die Frage lautet:

  • Was ist der Mensch?

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